Haus St. Antonius
Grein a.d. Donau / Österreich
Mag. Elisabeth Svoboda
Was kann der Christ im Alter noch tun ?
Nicht nur im weltlichen Leben, auch im kirchlichen Bereich geht es oft viel um Aktivitäten, um Aktionen, Projekte, irgendetwas Sichtbares zu machen; es soll lebendig zugehen. Dafür braucht man Ideen, Energie, frische Kräfte. Das haben eher Menschen, die jünger sind und mitten im Leben stehen. Je älter Menschen werden, umso mehr scheinen sie aus dem eigentlichen Geschehen hinauszugleiten. Sie können noch etwas mitmachen, dann geht auch das nicht mehr so recht. Was gibt es für einen Christen, der alt geworden ist, noch Sinnvolles zu tun, was kann auch er noch beitragen für das Reich Gottes?
Die Heilige Thérèse von Lisieux war jung, und was sie getan hat, verleiht ihr heute noch eine geistliche Strahlkraft in der Kirche. Und was hat sie getan? Nach außen hin sichtbar hat sie gar nichts getan. Sie lebte von ihrem 15. bis 24. Lebensjahr, in dem sie starb, hinter den Klostermauern des Karmel.
Was ihre geistliche Wirksamkeit ausmachte, war nicht ihr Tun, sondern ihr Sein. Das Sein, das ist das, wie man ist, wie man innerlich ist; die Haltung, mit der man etwas macht, die Einstellung, die Absicht, die Motive; der Grund und das Ziel, warum man etwas tut. Thérèse wollte stets nach dem Willen Gottes leben. Sie bemühte sich, daß ihr Wille mit dem Willen Gottes übereinstimmt; daß sie alles und jeden mit den Augen Gottes sieht. Sie hat selbst nichts Besonderes getan. Aber sie hat in sich die inneren Voraussetzungen geschaffen, damit Gott durch sie handeln, wirken, ausstrahlen kann.
Das ist das Grundprinzip des christlichen Lebens. Es gilt auch dort, wo nach außen hin viel getan wird. Ohne diese innere Haltung ist kein tragfähiges, qualitätsvolles, dauerhaftes Fundament für das äußere Handeln da.
Das nun, worauf es ankommt, das, womit man sich mitten im Geschehen, mitten im Zentrum des christlichen Lebens befindet, das, wodurch die wahre Kraft und Energie in die Kirche einströmt, das ist etwas, das nicht an ein Alter gebunden ist. Es ist altersneutral. Also könnte der alte Mensch vielleicht damit beginnen, bei seiner Frage, was er noch tun könne, das Wort "noch" zu streichen.
So gibt es für das Christsein, für das christliche Wirken auch gar kein Ende in diesem Leben, kein Genug, keinen Ruhestand. Als Christ geht man nie in Pension.
Der Heilige Leopold Mandic war Kapuziner und lebte einige Jahre in Venedig und schließlich über 30 Jahre lang in Padua. Er starb 1942. Sein Körper blieb unversehrt (unverwest). Er wurde 1983 heiliggesprochen. Man kann ihn mit dem Pfarrer von Ars vergleichen. Er verbrachte täglich oft mehr als 10 Stunden im Beichtstuhl. Er hatte die Gabe der Seelenschau, und die Menschen kamen von weit her. Zuletzt war er schwer krank, und die Stunden im Beichtstuhl bereiteten ihm große Mühe. Als man ihm eine Einschränkung empfahl, antwortete er: "Wir werden im Himmel ausruhen ...".
Wer auch im Alter etwas Wesentliches, Sinnvolles, Wichtiges tun möchte, wer gebraucht werden will, der muß sich nicht bemühen, sich irgendwo am Rande nützlich zu machen, der benötigt keine "Beschäftigungstherapie" – nein, er kann, ungeachtet der körperlichen Verfassung, sofort voll einsteigen ins Geschehen.
Er "kann"? Er wird sogar dringend gebraucht!